Richtlinie: Von Geschäftsmodellen zu Systemen
Diese Richtlinie beschreibt, wie die Anwendungsfall- und Analysemodelle eines Systems aus einem Geschäftsmodell abgeleitet werden können.
Beziehungen
Hauptbeschreibung

Einführung

Der in Rational Unified Process verwendete Ansatz für die Geschäftsmodellierung ist eine präzise und direkte Methode für die Generierung von Anforderungen für die unterstützenden Geschäftstools oder Geschäftssysteme. Damit die richtigen Systeme erstellt werden, ist ein tiefgehendes Verständnis der Geschäftsprozesse von entscheidender Bedeutung. Noch wertvoller ist es, wenn Sie die Rollen und Zuständigkeiten von Personen sowie Definitionen der "Dinge", die vom Geschäft bearbeitet werden, als Basis für die Erstellung des Systems verwenden. Aus dieser eher internen Sicht des Geschäfts heraus, die in einem Geschäftsanalysemodell erfasst wird, können Sie am besten sehen, wie die Modelle des Systems aussehen müssen.

Im Begleittext beschriebenes Diagramm

Die Beziehung zwischen Modellen des Geschäfts und Modellen eines unterstützenden Informationssystems

Geschäftsmodelle und Systemarchitektur

Die Verwendung von Geschäftsmodellen ist aus Architekturperspektive besonders hilfreich, wenn Sie beabsichtigen, eine der folgenden Arten von Systemen zu erstellen:

  • Angepasste Systeme für eine oder mehrere Unternehmen in einem bestimmten Wirtschaftszweig, z. B. Banken oder Versicherungsgesellschaften.
  • Eine Familie von Anwendungen für den offenen Markt, z. B. Auftragsbearbeitungssysteme, Rechnungsstellungssysteme oder Flugsicherungssysteme.

Die Geschäftsmodelle liefern Eingaben für die Anwendungsfallsicht und die logische Sicht im Analysemodell. Außerdem können Sie Schlüsselmechanismen auf Analyseebene finden, die als Analysemechanismen bezeichnet werden.

Folgendes sollte berücksichtigt werden:

  • Identifizieren Sie für jeden Geschäftsanwendungsfall, der vom System unterstützt wird, ein Subsystem im Analysemodell. Dieses Subsystem befindet sich in der Anwendungsschicht und wird als erste Prototypiteration betrachtet. Wenn Sie beispielsweise einen Prozess Auftrag und einen Prozess Rechnungsstellung in Ihrem Geschäftsanwendungsfallmodell haben, identifizieren Sie ein Subsystem Auftrag und ein Subsystem Rechnungsstellung in der Anwendungsschicht Ihres Analysemodells. Sie können einwenden, dass Auftrag und Rechnungsstellung separate Systeme sind. Dies ist jedoch eine Frage des Umfangs. Wenn Sie all Ihre Geschäftstools als ein System mit mehreren Anwendungen, die dieselbe Architektur haben, betrachten, sind Auftrag und Rechnungsstellung Anwendungssubsysteme. Wenn Sie nur eine Auftragsbearbeitungsanwendung erstellen möchten, ist Auftragsbearbeitung Ihr System, und die Empfehlungen, die wir oben gegeben haben, machen in diesem Fall keinen Sinn. Sie machen nur Sinn, wenn Sie alle Geschäftstools in Ihrer Organisation als ein System betrachten.
  • Identifizieren Sie für jeden Mitarbeiter, der vom System unterstützt wird, Anwendungsfälle, die darstellen, was automatisiert werden soll.
  • Identifizieren Sie für jede Geschäftsentität, die vom System unterstützt wird, Entitätsklassen im Analysemodell. Einige dieser Entitätsklassen sind Kandidaten für Schlüsselmechanismen, nämlich die Komponentenentitäten im System.
  • Erstellen Sie für Cluster von Geschäftsentitäten, d. h. Gruppen von Geschäftsentitäten, die ausschließlich in einem Geschäftsanwendungsfall verwendet werden, oder Gruppen anderweitig eng miteinander verbundener Geschäftsentitäten, ein Subsystem in der geschäftsspezifischen Schicht.

Im Begleittext beschriebenes Diagramm

In einer Systemarchitektur mit vier Schichten liefern Geschäftsmodelle Eingaben für die oberen zwei Schichten.

Geschäftsmodelle und Akteure für das System

Im Begleittext beschriebenes Diagramm

Identifizieren Sie für jeden Mitarbeiter einen geeigneten Systemakteur. Erstellen Sie für jeden Geschäftsanwendungsfall, an dem der Mitarbeiter teilnimmt, einen geeigneten Systemanwendungsfall.

Zum Identifizieren von Anwendungsfällen für Informationssysteme beginnen Sie mit den Mitarbeitern im Geschäftsanalysemodell.

Führen Sie für jeden Mitarbeiter die folgenden Schritte aus:

  • Entscheiden Sie, ob der Mitarbeiter eine Person ist, die das Informationssystem verwendet.
  • Wenn ja, identifizieren Sie einen Akteur für den Mitarbeiter im Anwendungsfallmodell des Informationssystems. Benennen Sie den Akteur zunächst nach dem Mitarbeiter.
  • Wiederholen Sie diese Schritte für alle Mitarbeiter.

Führen Sie für jede Geschäftsanwendungsfallrealisierung die folgenden Schritte aus:

  • Identifizieren Sie die Schrittfolge, die von einem Systemakteur (der in den vorherigen Schritten identifiziert wurde) eingeleitet wird.
  • Erstellen Sie für jede Schrittfolge einen Systemanwendungsfall. Benennen Sie den einleitenden Schritt (Operation) nach dem Anwendungsfall.
  • Vergewissern Sie sich, dass der Systemanwendungsfall alle Kriterien für einen Systemanwendungsfall erfüllt (einen Wert für den Akteur darstellt usw.). Führen Sie Systemanwendungsfälle gegebenenfalls zusammen oder unterteilen Sie sie weiter.

Dies ist nur ein Ausgangspunkt für das Anwendungsfallmodell des Systems. Wenn die Anforderungen aus der Perspektive des Systems klarer werden, werden diese ersten Systemakteure und Anwendungsfälle bei Bedarf umstrukturiert.

Beispiel:

Die folgende Abbildung veranschaulicht, wie der Systemanwendungsfall für die Geschäftsanwendungsfallrealisierung "Kredit beantragen" abgeleitet wird. Die gepunkteten Linien in der Abbildung kennzeichnen die Grenzen des Systems.

Im Begleittext beschriebenes Diagramm

Basierend auf den Modellen einer Bank, können Sie geeignete Systemakteure und Systemanwendungsfälle ableiten.

Automatisierte Mitarbeiter

Wenn Sie ein System erstellen möchten, das eine Reihe von Geschäftsprozessen vollständig automatisiert, z. B. eine E-Commerce-Anwendung, ist es nicht mehr der Mitarbeiter, der zum Systemakteur wird. Hier ist es der Geschäftsakteur, der direkt mit dem System kommuniziert und als Systemakteur agiert.

Wenn Sie eine Anwendung dieser Art erstellen, ändern Sie im Grunde die Art und Weise, in der das Geschäft ausgeführt wird. Die Zuständigkeiten des Mitarbeiters werden auf den Geschäftsakteur verlagert.

Beispiel:

Wenn Sie eine E-Commerce-Site für eine Bank erstellen, ändern Sie die Art und Weise, in der der Prozess realisiert wird.

  • Die Zuständigkeiten des Sachbearbeiters werden auf den Kunden verlagert.

  • Erstellen Sie einen Systemakteur Kunde, der dem Geschäftsakteur Kunde entspricht.

  • Die Mitarbeiter Sachbearbeiter und Kreditsystem werden zum Mitarbeiter Erweitertes Kreditsystem (der in der folgenden Abbildung durch die gepunkteten Linien dargestellt ist) zusammengeführt.

  • Ändern Sie die Geschäftsanwendungsfallrealisierung diesem neuen Mitarbeiter entsprechend.

  • Identifizieren Sie auf der Basis der geänderten Geschäftsanwendungsfallrealisierung die neuen Systemanwendungsfälle oder passen Sie die vorhandenen an. Gewöhnlich werden die Operationen zwischen zusammengeführten Mitarbeitern zu Schritten in den neuen bzw. aktualisierten Systemanwendungsfällen.

Im Begleittext beschriebenes Diagramm

Wenn Mitarbeiter vollständig automatisiert werden, ändert dies die Art und Weise, in der der Geschäftsprozess realisiert wird und wie Systemakteure und Anwendungsfälle ermittelt werden.

Geschäftsmodelle und Entitätsklassen im Analysemodell

Im Begleittext beschriebenes Diagramm

Erstellen Sie für jede Geschäftsentität eine Klasse im Analysemodell des Systems.

Eine Geschäftsentität, die von einem Informationssystem verwaltet werden soll, entspricht einer Entität im Analysemodell des Informationssystems. In einigen Fällen kann es sich jedoch empfehlen, den Entitäten im Informationssystemmodell Attribute der Geschäftsentität zuzuordnen. Mehrere Mitarbeiter können auf eine Geschäftsentität zugreifen. Deshalb können die entsprechenden Entitäten im System an mehreren Anwendungsfällen des Informationssystems teilnehmen.

Beispiel:

Im Begleittext beschriebenes Diagramm

Die Geschäftsentitäten Kundenprofil, Konto und Kredit sind alle Kandidaten für die Automatisierung.

Geschäftsereignisse

Geschäftsereignisse stellen wichtige Vorkommen oder Zustandsänderungen im Geschäft dar. Sie werden verwendet, um Geschäftsanwendungsfälle zu entkoppeln und Benachrichtigungen oder Auslöser zu dem jeweiligen Vorkommen bzw. der jeweiligen Zustandsänderung zu senden. Damit sind sie eine ausgezeichnete Quelle für die Automatisierung von Geschäftsprozessen, um Interaktionen zwischen Mitarbeitern zu verringern und die Ausführung der Geschäftsanwendungsfälle zu beschleunigen. Die Automatisierung von Geschäftsereignissen ermöglicht eine schnelle Weitergabe wichtiger Informationen während des gesamten Geschäfts, ohne den Mitarbeitern diese Zuständigkeit aufzubürden.

Beispiel:

Alle Einheiten, die an einer militärischen Operation beteiligt sind, müssen möglicherweise sofort benachrichtigt wrden, wenn ein strategischer Aussichtspunkt von befreundeten (oder feindlichen) Truppen eingenommen wird. Ohne Automatisierung könnte dieses Geschäft implementiert werden, indem ein Codewort (wie Zylinder) auf einer ganz bestimmten Radiofrequenz übertragen wird. In diesem Fall bliebe es allen Empfängern des Codeworts überlassen, die erforderliche Maßnahme einzuleiten (z. B. mit der nächsten Phase des Kampfes fortzufahren). Durch die Automatisierung dieses Geschäftsereignisses wäre eine effizientere Benachrichtigung über das Ereignis und unter Umständen auch eine Automatisierung der unterschiedlichen Antworten möglich.

Übersetzung der Interaktion zwischen Geschäftsmitarbeitern in Systemanforderungen

Wie sollten Sie eine Verbindung zwischen Mitarbeitern im Geschäftsmodell interpretieren? Sie müssen herausfinden, wie die Informationssysteme die miteinander kommunizierenden Mitarbeiter unterstützen können. Ein Informationssystem kann den Bedarf an Informationstransporten zwischen Mitarbeitern hinfällig machen, indem die Informationen im Informationssystem zur Verfügung gestellt werden.

Geschäftsanalysemodell für Ressourcenplanung verwenden

Wenn Sie das Geschäftsanalysemodell für die Ressourcenplanung oder als Basis für Simulation verwenden möchten, müssen Sie das Modell so aktualisieren, dass es die verwendeten Ressourcentypen widerspiegelt. Sie müssen es so ändern, dass jeder Mitarbeiter und jede Geschäftsentität von genau einem Ressourcentyp implementiert wird. Wenn Sie den Geschäftsprozess umstrukturieren möchten, sollten Sie Ressourcen in der ersten Iteration Ihres Geschäftsanalysemodells nicht berücksichtigen. Wenn die Ressourcen in der ersten Iteration berücksichtigen, könnten Sie dazu neigen, sich auf bereits vorhandene Lösungen zu konzentrieren, anstatt Probleme zu identifizieren, die mit neuen Lösungen gelöst werden könnten. Das folgende Beispiel zeigt eine mögliche Vorgehensweise:

  • Arbeiten Sie in einer ersten Iteration des Geschäftsanalysemodells, ohne die Ressourcen oder Systeme zu berücksichtigen, die für die Implementierung des Geschäfts verwendet werden.
  • Erörtern Sie, was automatisiert werden kann.
  • Erörtern Sie, wie der Geschäftsprozess durch Automatisierung geändert werden kann, und beginnen Sie mit einem Entwurf eines Systemanwendungsfallmodells und der Systemanforderungen.
  • Aktualisieren Sie in einer zweiten Iteration das Geschäftsanalysemodell so, dass es die verwendeten Ressourcen und die zu automatisierenden Teile widerspiegelt.
    • Einige Mitarbeiter werden als automatisierte Mitarbeiter gekennzeichnet.
    • Einige Mitarbeiter werden aufgeteilt - in einen automatisierten und einen nicht automatisierten.
    • Teile von zwei Mitarbeitern können in einen neuen automatisierten Mitarbeiter ausgelagert werden.
    • Teile der Zuständigkeiten eines Mitarbeiters können außerhalb der Organisation verschoben und in die Hände eines Geschäftsakteurs gelegt werden.

    Beispiel:

Im einem Bankbeispiel haben wir beschlossen, das Geschäftsanalysemodell zu aktualisieren, um es für die Ressourcenplanung zu verwenden.

  • Der Mitarbeiter Sachbearbeiter wird vollständig automatisiert und zu einem Automatisierten Sachbearbeiter. Die Bank führt nur Online-Banking durch.

  • Der Kreditspezialist wird teilweise automatisiert und in einen Automatisierten Kreditspezialisten und einen Kreditspezialisten aufgeteilt.

Im Begleittext beschriebenes Diagramm

Die Mitarbeiter werden für die Automatisierung geändert.

Übersichtstabelle

In der folgenden Tabelle sind die Beziehungen zwischen Geschäftsmodellen und Systemmodellen zusammengefasst.

Systemmodelle Mit Hilfe der Informationen in den Geschäftsmodellen Kandidaten finden Geschäftsmodelle
Akteur Akteurkandidaten werden unter Mitarbeitern gefunden. Mitarbeiter
Akteur Weitere Akteurkandidaten werden unter den verschiedenen Geschäftsakteuren (Kunden, Lieferanten) gefunden, die das System direkt verwenden. Geschäftsakteur
Anwendungsfall Anwendungsfallkandidaten werden unter den Operationen der Mitarbeiter gefunden. Suchen Sie nach Operationen und Zuständigkeitsbereichen, die Interaktionen mit dem Informationssystem aufweisen. Idealerweise unterstützt ein Anwendungsfall des Informationssystems alle Operationen des Mitarbeiters in einer Anwendungsfallrealisierung des Geschäftsmodells.   Operationen des Mitarbeiters
Entitätsklasse Entitätsklassenkandidaten werden unter den Geschäftsentitäten gefunden. Suchen Sie nach Geschäftsentitäten, die im Informationssystem verwaltet oder dargestellt werden sollten.   Geschäftsentität
Entitätsklasse Entitätsklassenkandidaten werden unter den Attributen im Geschäftsanalysemodell gefunden. Suchen Sie nach Attributen, die im Informationssystem verwaltet oder dargestellt werden sollten. Attribute
Beziehungen zwischen Entitätsklassen Beziehungen zwischen Geschäftsentitäten deuten häufig auf eine entsprechende Beziehung zwischen den Klassen im Informationssystemmodell hin. Beziehungen zwischen Geschäftsentitäten